Jazzstreichquartette

Seit Anfang der 1980er Jahre gibt es ein verstärktes Interesse an Streichensembles, meistens sind es klassisch besetzte Streichquartette, die Jazz spielen. Eine ähnliche Entwicklung zeichnete sich bei anderen Ensembles ab, zum Beispiel Saxophonquartette, die nicht als typische Jazzcombos gelten. Berendt schreibt hierzu:
„Wie stark das rhythmische und klangliche Selbstbewußtsein der Geiger gestiegen ist, läßt sich auch indirekt daran ablesen, daß die Szene der achtziger Jahre von einer Welle jazzspielender und improvisierender Streichquartette erfaßt wurde…”

Dieses mag daran liegen, dass das Publikum offener geworden ist gegenüber extravaganten Musikensembles im Jazz.
Und das Streichquartett im Jazz gehört zu diesen. Zu den bekanntesten Streichquartetten gehören:

Turtle Island String Quartett

Kronos Quartett

Modern String Quartett

Uptown String Quartett

Stringthing

Gerade am Streichquartett zeigt sich der Gegensatz in den Spielweisen; Streichquartett in der klassischen Musik, gegenüber Jazz (Improvisation) sehr deutlich.
Nicht alle Quartette improvisieren, doch sind die, welche nicht improvisieren durch ihre Artikulation und Phrasierung deutlich dem Jazz zuzuordnen.
Die Streichquartette verwenden fast ausschließlich eigene Arrangements165. Diese Arrangements bedienen sich verschiedener Ideen aus Big Band Arrangements, wie z.B. close-harmonie Sätze oder rhythmische Pattern.

Die Kammermusik ist somit verstärkt in den Jazz eingezogen. Das Publikum interessiert sich wieder mehr für kleinere Besetzungen die, authentisch, hautnah, ein sehr persönliches Musikerlebnis vermitteln. Ich kann mir vorstellen, dass eine Gruppe der Musikkonsumenten den sogenannten Mega-Events in der Pop-Musik Szene müde geworden sind.

Interessant ist auch der Aspekt, dass die Geige in diesen Ensembles, eben nicht wie in der klassischen Musik die 1.Geige spielt. Es ist vielmehr ein gleichberechtigtes Miteinander, jeder ist wichtig, jeder ist Solist. Somit halten sich diese Ensembles, wie in fast allen Jazzstilen, in der Konzeption der Improvisationen an die Hot-Solofolge.
Auffällig ist auch die stilistische Vielfalt, die im Repertoire dieser Ensembles zu finden ist. Es reicht oft von Jazz über Rock, Funk, Blues zu Latin168.
Auch gehen diese Streichquartette neue Wege, was die technischen Möglichkeiten auf Streichinstrumenten jazzig zu klingen angeht. Hierzu gehören alle erdenklichen bogentechnischen Raffinessen, wie sie auch aus der Neuen Musik oder dem Free Jazz bekannt sind, aber vor allem perkussive Elemente. Gerade wegen der perkussiven Klangmöglichkeiten erreichen sie einen ganz neuen Sound, der das charakteristische des Jazz hervorbringt, und das auf Instrumenten, auf denen es nicht leicht ist, so etwas zu realisieren.
Interessant ist auch, dass fast alle Ensembles unverstärkt, höchstens mit Mikrofonen zur Lautstärkeanhebung, also mit weitgehend unverfälschtem Klang, spielen.

Die meisten Musiker/Streicher dieser Ensembles haben eine klassische Ausbildung. Selten wie z.B. Darol Anger, der im Bluegrass seine Wurzeln hat, sind sie Autodidakten.