Joe (Guiseppe) Venuti 1903 -1978
Venuti wurde laut Geburtsurkunde am 16.9.1903 in Philadelphia geboren.
Er zählt sicherlich zu den ersten großen Jazzgeigern. Er wurde bekannt durch die Duos mit dem Gitarristen Eddie Lang, die zuerst Unterhaltungsmusik europäischer Prägung spielten und diese dann verjazzten.
1923 erstes Engagement mit Eddie Lang (g)
1926/27 Duoaufnahmen mit Eddie Lang
1927 gründete er die Joe Venuti Blue Four, Ende der 1930er Jahre seine eigene Big Band.
ab 1927 Arbeit mit Red Nichols (cnt), Jean Goldkette (p,lead), Paul Whiteman (vl,lead)
1930 wirkt er in dem Film The Kings of Jazz mit
1934 Gastspiel in England
In den 1940er Jahren machte er wieder Big Band Aufnahmen
1952-53 war er Solist der Bing Crosby Show
1959 Schallplatte mit Stéphane Grappelli
1968 Newport Jazz Festival
1977 Montreux Jazz Festival
Er war der erste Jazzmusiker, der dem Jazz einen kammermusikalischen Charakter gegeben hat. Er hat entscheidend zur Entwicklung der Smallbands (Combos) beigetragen, die im Bebop eine große Rolle spielen.
Sein Geigenspiel kann man als klarinettenartig bezeichnen. Durch die Synkopen und Akzente und nicht durch den swing wird sein Spiel zum Jazz. Er hatte eine kraftvolle Spielweise bevorzugte höhere Register, pentatonische Läufe, benutzte Blues-Effekte.
Seine Artikulation ist „geräuschfrei mit glattem, ungestörtem Ton in verschiedenen liegenden Stricharten, ohne die Spur eines Tonansatzes, der an den Ton,besonders der Blechblasinstrumente erinnern würde.”
Foto: Joe Venuti
Quelle: Berendt, Joachim-Ernst, Photo Story des Jazz, Wolfgang Krüger Verlag, 1978, S.120
Die Nähe zur europäischen Kunstmusik, die klassische Schulung ist hier noch erkennbar.
Allerdings finden wir in seinem Spiel eine Reihe von Jazzmerkmalen, wie z.B. Blue Notes, Akzentverschiebungen (die häufig gebrauchte Dreierverschiebung über Vierergruppen, die auch unter dem Namen „secondary rag” aus dem Ragtime stammend bekannt ist), die ternäre Phrasierung und natürlich die Improvisation als solche, machen seinen Stil eindeutig zum Jazz. Jazzstilistisch gesehen sind seine frühen Aufnahmen noch dem Chicago-Stil zuzurechnen, während spätere Aufnahmen Elemente des Swing enthalten.
Weiterführende Informationen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Joe_Venuti
Eddie South: 1904-1967
South wurde am 27.11.1904 in Lousiana geboren und ist in Chicago aufgewachsen. Er war einer der ersten afro-amerikanischen Jazzgeiger, die über die Grenzen des Landes bekannt wurden.
Er besuchte das College of music in Chicago, studierte auch in Paris und Budapest klassische Geige.
In den 1920er Jahren Tätigkeit in den Orchestern von Erskine Tate, Charlie Elgar und Jimmy Wade.
1926 nach Abschluß einer Europatournee Abstecher nach Budapest, Kontakt mit Zigeunergeigern
1927-31 in Paris, erste Aufnahmen mit eigenem Ensemble
1931 eigenes Quintett in Chicago
1937-38 Europatourneen mit u.a. Benny Carter (Sax), Aufnahme mit Stéphane Grappelli und Michel Warlop (vl) in Paris
1945-46 Hörfunkauftritte in New York
1947 Aufnahmen mit Earl Hines (p,comp)
ab 1950 Fernsehauftritte
Sein Geigenstil hat Ähnlichkeiten mit dem von Joe Venuti, also eher klassisch ausgerichtet, bezogen auf die Tongebung. Er hatte einen runden warmen Ton und bevorzugte in langsamen Stücken viel Rubati. Insgesamt erinnert er ein bißchen an die Salonorchestergeiger.
Er benutzte mehr Legatoläufe als z.B. Venuti. Der Tonansatz war geräuschlos. Weitere Stilmittel sind Verzierungen, Triller und Vorschläge. Das Vibrato setzte er auf fast allen Tönen ein, außer den Blue-Notes.
Er spielte oft Töne auf tieferen Saiten, also in höheren Lagen um eine dunkleres Timbre zu bekommen.
In seinem Repertoire finden sich immer wieder Stücke im Stil der Zigeunermusik ungarischen Typs.
„Rhythmisch dagegen spielt er zwar weniger ternär phrasierend als Venuti doch andererseits stark verzogen, ohne jedoch aus dem Grundpuls zu fallen.”
Stuff Smith (Hezekiah Leroy Gordon):1909-1967
Smith wurde am 14.8.1909 in Portsmouth, Ohio geboren. Er ist der erste Afroamerikaner der als Jazzgeiger bekannt wurde.
1926-29 leitete er das „Alphonso Trent Orchestra”
1927 spielte er bei Jelly Roll Morton (p,comp)
Ab 1930 leitete er seine eigene Band die „Spites of Rythm” in Buffalo und New York.
1935 zusammen mit Cozy Cole (dr) und Jonah (Robert Elliot) Jones (tp) ein Engagement im New Yorker „Onyx Club”
1940 Aufnahmen mit Coleman Hawkins (ts) und Fletcher Henderson (p,comp). Arbeitete ansonsten im Trio mit dem Bassisten John Levy und den wechselnden Pianisten Jimmy Jones, Errol Garner und Dr. Billy Taylor.
Foto: Stuff Smith
Quelle: Berendt, Joachim-Ernst, Photo Story des Jazz, Wolfgang Krüger Verlag, 1978, S.120
In den 1950er Jahren machte er Plattenaufnahmen mit Musikern wie: Dizzy Gillespie (tp), Nat King Cole (p,voc), Ella Fitzgerald (voc), Oscar Peterson (p), Big Joe Turner (voc) und Stéphane Grappelli.
In den 1960er Jahren unternahm er eine mehrjährige Europatournee.
1965 Berliner Jazztage
1966 spielte er neben Svend Assmussen, Stéphane Grappelli und Jean-Luc Ponty beim ersten Violin Summit in Basel
Stuff Smith starb am 25.9.1967 in München.
Smith gehört zu den ersten Geigern, die sich stärker am Bläsersound orientierten. Er versucht sich bewußt von der europäisch geprägten Tradition des Geigens zu lösen und erreicht das mit einem völlig neuem Klangcharakter für die damalige Zeit. Er erzeugt die Hot-Tongebung durch einen geräuschhaften Ansatz mit dem Bogen. Sehr wahrscheinlich mit viel Druck auf den Bogen und wenig Bogengeschwindigkeit.
Er verwendet weiterhin Glissandi, die sich allerdings von den Glissandi der anderen Geiger insofern unterscheiden, als das er nicht irgendwie in den Ton hineinrutscht, sondern von einem relativ klar wahrzunehmenden Ausgangston in einen Endton. Diese Technik findet man auch bei den Trompetern wieder.
Er benutzt auch sogenannte ghost-notes um seinem Spiel mehr swing zu geben. Desweiteren finden wir in seinen Soli auch Doppelgriffpassagen. Meistens handelt es sich hier um parallele Quinten:
„Durch die Parallelführung sprengen sie stets den harmonischen Zusammenhang und klingen sehr modern in unseren Ohren.”
Das Vibrato benutzt er auch sehr gezielt zur gelegentlichen Verzierung und nicht als Permanentvibrato, wie es bei anderen Geigern dieser Zeit üblich war.
Ein weiteres Merkmal seiner Spielweise ist, dass er nach eigenen Aussagen
mehr an der Spitze des Bogens spielte, um einen jazzmäßigeren Sound zu bekommen.
Ab 1936 verstärkte Smith als erster Jazzgeiger sein Instrument mit Hilfe eines elektroakkustischen Tonabnehmers.
Dieses setzte ihn in die Lage mit lauteren Instrumenten in entspannter Weise zu spielen. Nach eigenen Aussagen tat er dieses auch bewußt und benutzte den neuen Sound der elektrischen Geige als Ausdrucksmöglichkeit, und setzte ihn konsequent in seinem Spiel ein.
Weiterführende Infos:
http://www.allaboutjazz.com/jazzowl/sxsbio.htm
Durch den Eintritt der USA in den ersten Weltkrieg 1917 wurden vermehrt Jazzmusiker in Europa speziell in Frankreich stationiert.
Diese Tatsache begünstigte die rasche Verbreitung des Jazz in Europa. Vorausgegangen war schon ab 1865 zum Ende des Bürgerkrieges in den USA eine Auswanderungswelle von Schwarzen Künstlern aus meist rassistisch und ökonomischen Gründen nach Europa.
Am Anfang waren es Sänger und Tänzer; vor allem waren die schwarzen Tänze in Europa zur Mode geworden.
Europa wurde nach Ende des Ersten Weltkrieges zum Warenmarkt für US-Exporte. Hierzu gehörte auf der musikalischen Seite Notenmaterial und ab etwa 1925124 die Schallplatte.
Die Jazz Kings war die erste afro-amerikanische Band, die zu Beginn der 1920er Jahre in Paris längerfristig tätig war.
Schwarze Jazzmusiker waren zu dieser Zeit sehr beliebt in Paris. Paris hat eine besondere Rolle in der europäischen Jazzgeschichte, vergleichbar vielleicht mit New Orleans in den USA. Dieses lag in der Zeit von 1933-45 auch mit an den Einschränkungen für Jazzmusiker im nazionalsozialistischen Deutschland.Einer der wohl international bekanntesten Jazzgeiger war und ist Stéphane Grappelli.
Stéphane Grappelli wurde am 26.1.1908 in Paris geboren.
1920 erstes Geigespielen (ob er Unterricht gehabt hat kann nicht geklärt werden) auf einer ¾ Geige
1924 spielt er Geige in einem klassischen Klavierquartett, welches Stummfilme in Kinos begleitet
1927/28 arbeitet als Pianist in Cafés und Hotelbars
1929 spielte er mit Gregor et son Gregoriens meistens Klavier, bekommt aber im selben Jahr die Geige von Michel Warlop125 geschenkt
1932 gelegentliche Zusammenarbeit mit Django Reinhardt (g)
1934 entsteht das Quintett du Hot Club de France (QHCF), welches ausschließlich aus Saiteninstrumenten besteht. Neben Django Reinhardt und Stéphane Grappelli spielen noch Roger Chaput (g) und Joseph Reinhardt (g), sowie Louis Vela (b)
1937 Schallplattenaufnahmen mit Eddie South (vl), Coleman Hawkins (sax) und Bill Coleman (tp)
1939-45 war er die meiste Zeit in England. Zusammenarbeit mit dem Pianisten George Shearing
1946 Aufnahmen mit Reinhardt in England, zum Jahresende Quintett mit George Shearing (p), Coleridge Goode (b), Dave Goldberg (g) und Ray Ellington (dr)
1957 Aufnahmen mit Stuff Smith
1963-66 Aufnahmen mit den Geigern Ray Nance und Svend Asmussen. Aufnahme des Violin Summit in Basel (Asmussen, Ponty und Smith)
1967-70 Aufnahmen mit Barny Kessel (g), Joe Venuti (vl), Alan Clare (p) und Gary Burton (vib)
1969 Newport Jazz Festival
1971/72 Erste von sechs Aufnahmen mit Yehudi Menuhin (1972/73/75/77/80/81)
ab1973 bis zu seinem Tode weitere Aufnahmen mit unzähligen Jazzmusikern aus allen erdenklichen Stilbereichen des Jazz.
Es sind einfach zu viele, darum verweise ich an dieser Stelle auf eine im Handel erhältliche Biographie von Geoffrey Smith in englischer Sprache.
Grappellis Spielweise wird immer wieder als elegant bezeichnet. Die frühen Aufnahmen zeigen aber, dass er oft mit hartem Tonansatz, signalartig akzentuiert spielt. Man kann diesen Tonansatz auch als blasinstrumentenhaften Ansatz bezeichnen.
Seine Spielweise ist, auch aufgrund einer Aussage von Grappelli selbst, stark von dem Vorbild der Trompete geprägt, hier im speziellen Louis Armstrong.
Der Einfluß von Blasinstrumentenartikulation und Phrasierung ist auch in rhythmischen Patterns wiederzufinden, er benutzt gern rhythmische Wiederholungen in der Form:Es liegt nach Gläß vor allem an der Ähnlichkeit des Klanges von Trompete und Violine, läßt man den Tonansatz außer acht, warum sich einige Jazzgeiger/innen im Swing an der Trompete orientierten.
Weitere Stilmerkmale Grapellis sind off-beat Phrasierung, Blue Notes und Glissandi.
Das Vibrato setzt er oft an das Ende eines melodischen Gedankens (Phrase).Auch findet man den Einfluß der Klarinette in seinem Spiel wieder.
Weiterhin finden wir oftmals eine Tendenz zu absteigenden Achtelnotenketten.
(Eine detaillierte Untersuchung des Personalstils von Stéphane Grappelli liegt in der Doktorarbeit von Hanno Gräßer vor, mit vielen Transkriptionen von Soli aus verschiedenen Stilepochen des Jazz.)
Eines bleibt aber für mich hier festzuhalten:
Stéphane Grappelli ist mit seinem Jazzgeigenstil einen zur damaligen Zeit neuen und vor allem eigenen Weg gegangen. Er hat sich für den Weg des Jazzsolisten entschieden, den viele seiner Kollegen nicht gehen wollten, oder konnten. Viele sind den Weg gegangen, Leader einer Band zu werden.
Er, wie auch Stuff Smith, versuchte den Klang der jazztypischen Instrumente auf die Geige zu übertragen. Durch diesen Versuch der Annäherung schufen er und Smith ein neues Klangideal für die Jazzgeige.
Es gibt wohl kaum einen Jazzgeiger, der nachfolgende Generation von Jazzgeigern, gerade in Europa, so nachhaltig geprägt hat.
Asmussen gehört neben Grappelli zu den ersten europäischen Jazzgeigern. Der gebürtige Kopenhagener Asmussen begann etwa 1933 als Jazzgeiger professionell zu arbeiten.
1934 gründete er eine Band nach dem Vorbild von Joe Venuti
1935 erste Plattenaufnahmen
1937-38 unternahm er Tourneen mit den Mill´s Brothers (voc), Josephine Baker (voc,ta) und Fats Waller (p,org,voc,comp) durch Europa
ab 1940 Duo mit dem Gitarristen Ulrik Neumann
1955 USA-Tournee
1960 Aufnahmen mit Ulrik Neumann
1966 Violin Summit in Basel
Sein Schaffen kann man grob in zwei Abschnitte einteilen: von 1930-60 und 1960-heute.
In der Anfangszeit orientierte er sich stark am Swing. Joe Venuti war sicher ein Geiger, der ihn beeinflußt hat.
Gläß schreibt über seinen Stil:
„Aus dem Swing, in dem auch Asmussen zuerst bekannt geworden ist, stammen Stilmittel wie Blue-Notes…sehr dezent gespielte Hot-Tones… Glissandi, wobei auch Asmussen die Glissandi in der Geschwindigkeit differenziert. Andere aus dem Swing bekannte Stilmittel sind die unterschiedlichen Vibrati im Wechsel mit vibratolosen Tönen und die Dreierverschiebung……Auch das feine Verzögern und Dehnen des Rhythmus…ist bereits aus dem Swing…geläufig.”
Asmussen orientierte sich ab etwa 1960 zunehmend an den zeitgenössischen Jazzstilen wie Bebop und Cool Jazz.
Da Asmussens Beitrag zur Jazzgeige gewissermaßen als stilübergreifend zu bezeichnen ist, möchte ich an dieser Stelle, bezgl. seiner Spielweise ab etwa 1960, auf die Ausführungen der Seite Hintergrund verweisen.
Neben den genannten Jazzgeigern gab es natürlich noch unzählige nicht so bekannte im Swing. Ich möcht hier kurz einige vorstellen:
Michel Warlop 1911-1947
Warlop gehört zu den allerersten Jazzgeigern in Europa. Er wurde 1911 in Nordfrankreich geboren. Er wird gemeinhin als Vater der Jazzgeige in Frankreich angesehen, vor allem durch den Umstand, dass die sogenannte Warlopgeige an den jeweils vielversprechendsten Jazzgeiger weitergegeben wird.
Sein Spiel ist noch fest dem alten Jazz verbunden. Nach Gustorff spielte er fröhlich, oft sehr schnell. Er benutzte große Intervallsprünge, spielte mit fast hektischem Vibrato und enorm vielen Trillern.
Seine Phrasierung war weniger ternär als bei z.B. Grappelli. (es gibt Aufnahmen mit Grappelli, Reinhardt etc. s. Discographie)
Ray Nance 1913-76
Nance spielte in der Band von Duke Ellington wechselweise Trompete oder Geige. Er studierte klassische Geige am Chicago College of Music.
Seine Spielweise ist oft gekennzeichnet von einem freien Umgang mit dem Rhythmus.
„….weicht Nance stets noch von diesen Notenwerten ab und verkürzt und dehnt, zieht vor und verzögert.”
Meistens verwendet er viel Vibrato, wenig harte (hot) Tonansätze und wenig Blue-Notes. Manchmal setzt er auch Pizzikato ein.
Claude Williams geb.1908 in Oklahoma spielte in den späten 1920er Jahren mit Stuff Smith. In den 1930er Jahren war er Mitglied des „Alphonso Trent Orchestras”. Er war auch als Gitarrist in der Count Basie Band tätig. Sein Geigenspiel ist von Stuff Smith beeinflußt und auf späteren Platten sind Einflüsse von Charlie Parker zu hören, ohne dass er jedoch vom Swingstil abweicht.
Laut Reclams Jazzführer hat William´s musikalisches Können durch seinen fast ständigen Aufenthalt in Kansas City eine zu geringe Anerkennung gefunden.
Weitere Geiger im Swing waren Ray Perry, Emilio Carceres, Richard Carr sowie Don Harper.
In Deutschland war Helmut Zacharias einer der ersten Jazzgeiger, der sich ab 1940 am Stil von Stéphane Grappelli orientierte. Später hat er sich dann mehr der Unterhaltungsmusik gewidmet.
Erwähnen möchte ich noch den in den USA, vor allem in Texas aus der Verbindung von Swing und Country & Western Musik Mitte der 1930er Jahre enstandenen Western Swing. Einer der bekanntesten Geiger des Western Swing war Bob Wills 1905-75. Seine Band die „Texas Playboys” hatte viele Jazzstandards im Repertoire. Vassar Clements gehört zu den heutigen Vertretern des Western Swing.
Moderner Jazz (Bebop, Hard Bop und Cool Jazz)
Auf den Swing folgte in den 1940er Jahren der Bebop. Er wird zum sogenannten Modern Jazz gezählt. Er war eine Gegenreaktion junger schwarzer Musiker auf den kommerzialisierten Swing, in dem es zu wenig Freiräume für individuelle Spielweisen gab. Hauptexponenten des Bebop waren: Charlie Christian (g), Dizzy Gillespie (tp), Charlie Parker (as), Thelonius Monk (p), Kenny Clarke (d), Joe Guy (tp) und Nick Fenton (b).
Der Bebop war eine logische Weiterentwicklung des Swing auch wenn er ein Protest dagegen war. Das Neue des Bebop liegt in der Melodieführung, Phrasierung und in der rhythmischen Ausgestaltung. Der Baß wird die einzige verbleibende metrische Basis. (Walking Bass)
Charakteristisch für den Bop sind schnelle fast rasende Tempi und rasche Harmoniewechsel unter Verwendung von substitutes. Die Hauptensembles des Bebop waren Combos (small groups).
Ein weiteres Merkmal ist die Präsentation des Themas im Unisono am Anfang und am Ende des Stückes, welches im Allgemeinen durch zwei Melodieinstrumente vorgetragen wurde.
Berendt beschreibt dieses Phänomen aus musikpsychologischer Sicht als gewollte Abgrenzung zu anderen Stilen: „Hier sprechen wir. Wir sind solidarisch. Und ihr, zu denen wir sprechen, seid anders als wir und wahrscheinlich: Gegner.”
Warum die Geige im Bebop fehlt, der doch von seinen Möglichkeiten: Combos, virtuose Soloimprovisationen, differenzierter Umgang mit Klangfarbe und Laustärke der Geige entgegenkam, dazu schreibt Gläß:
„Der Grund ist, dass die Geige als Repräsentantin der euroamerikanischen Kultur angesehen und abgelehnt wurde. Die Geige hatte nie zu den Kerninstrumenten des Jazz gehört; in den Jazz der 20er und 30er hatte sie nur Eingang gefunden gerade wegen dessen grosser Nähe zur europäisch beeinflussten populären Musik. Die Geige war eng verbunden mit demjenigen Jazz der 20er, 30er und frühen 40er Jahre, der als Produkt der Vermarktungsinteressen der Unterhaltungsindustrie besonders auf die Hörgewohnheiten des mittelständischen europäischen und euroamerikanischen Publikums zugeschnitten war. Genau dieser Identifikation mit der europäischen Tradition wegen fand sie im Bebop keinen Platz. Denn in einer Musik, die von Stolz auf die eigene afroamerikanische Kultur getragen war, musste die Geige als störender Fremdkörper wirken…Auch in den beiden Stilen, die in den 50er Jahren auf den Bebop folgten, im Cool-Jazz und im Hardbop, fehlte die Geige, denn auch diese Stile atmeten noch den Geist des Bebop.”
Erst in den 1960er Jahren kam es zu einem verstärkten Interesse an der Jazzgeige.
„Ende der sechziger Jahre…stand sie im Mittelpunkt des Interesses. Man sprach von einer Geigenwelle…”
„Die Erweiterung der Klangfarbenpalette und daraus folgend des Instrumentenspektrums des Jazz in den 60er Jahren bereitete den Boden für eine Wende. Gleichzeitig bildete sich neben den avantgardistischen Jazz-Stilen des Bop und des Free Jazz unter dem Namen Mainstream ein Jazz heraus, der weniger avantgardistisch war…”
So kam es zu einer Art Comeback der bekannten Jazzgeiger wie Grappelli, Asmussen, Smith und anderen. Im ersten Violin Summit, durch Joachim-Ernst Berendt initiiert, trafen sich drei Jazzgeiger der älteren Generation, Grappelli, Asmussen und Smith mit einem Geiger der jüngeren Generation, Jean-Luc Ponty.
Einer dieser Geiger war Svend Asmussen. Wie ich schon erwähnte ist sein Stil sowohl dem Swing, von etwa 1930-60 zuzuordnen, als auch dem Modernen Jazz, ab 1960.
Asmussen zeigte zu Beginn der 1960er Jahre, dass man auf der Geige sowohl Bebop, als auch Cool Jazz spielen kann.
Gläß schreibt über Asmussens Stil anhand eines Solos von 1962:
„Nicht nur im musikalischen Material, auch in der Klangfarbe fand Asmussen Wege, auf der Geige jazzig und im besonderen cool-jazzig zu tönen……Asmussens spezieller Beitrag zu einer Geigentechnik des Cool Jazz liegt in seiner Klangfarbe…..Eine Spezialität Asmussens….sind Töne mit flachem Klang…Diese Töne sind arm an Obertönen….Asmussen erzeugt diese Töne durch völlig vibratoloses Spiel der linken Hand und sehr ruhige, akzentfreie, gleichmäßige und leichte Führung des Bogens mit wenig Gewicht.”
Asmussen gehört also in sofern zu den „modernen” Jazzgeigern, allerdings zu einem Zeitpunkt, wo der Cool Jazz nicht mehr avantgardistisch war.
Das Interesse an Jazzgeigern ist vor allem durch Jean-Luc Ponty gestiegen. Er war der erste Geiger einer neuen Generation, die sich sowohl spieltechnisch, also auch vom Klang des Instrumentes betrachtet, von den älteren Generationen absetzte, ohne den Bezug zum Traditionellen Jazz zu verlieren.
Jean-Luc Ponty *1942
1942 in Avranches, Frankreich geboren
1959 Abschluß am Conservatoire N.S. de Musique in Paris
1959-61 Lamoureux Symphonieorchester
1961-64 Arbeit mit Jef Gilson
1967 Aufnahmen mit Frank Zappa (g), und George Duke (keyb,synth,comp)
1973 Emigration in die USA
1975 weitere Schallplatten mit John Mclauglin (g), Smith, Grappelli und vielen anderen.
Wie auch Grappelli und Smith versucht haben den Bläsersound von Louis Armstrong zu imitieren, macht sich besonders bei Ponty der Einfluß eines anderen Bläsers, nämlich des Saxophonisten John Coltrane (1926-67), bemerkbar.
Um John Coltranes Beitrag zum Modern Jazz in allen Einzelheiten zu würdigen ist hier sicher nicht der Platz. Welche der Spielarten sich auf das Spiel verschiedener Geiger ausgewirkt haben möchte ich kurz vorstellen.
„Sehr deutlich ist der Einfluß der Klanglichkeit von Coltranes Sopransaxophonspiel im Geigen von Jean-Luc Ponty in den 60er und frühen 70er Jahren. Sein Geigen ist vibratolos, und er artikuliert viele schnelle Passagen mit dem Bogen legato, ohne die Streichrichtung zu wechseln.”
Weiterhin schreibt sie:
„In harmonischer Hinsicht ist ein von Geigern und Geigerinnnen übernommenes Stilmerkmal Coltranes sein Spiel mit Medianten, wie er es besonders in der zweiten Hälfte der 50er Jahre entwickelt hat, am bekanntesten in seinem Stück Giant Steps.”
Ein anderes von Geigerinnen und Geigern aufgegriffenes Stilmerkmal ist Coltranes harmonische Praxis vor allem aus den Jahren 1960-1964, in der Coltrane einen einzigen Modus zugrundelegt.”
Ein wichtiger Punkt, der sich auch auf das Spiel von Ponty ausgewirkt hat ist Coltranes Technik in Improvisationen auf den Stufen der Tonleiter beliebige Akkorde zu bilden und diese in einem rasanten Tempo zu spielen. Durch diese Art entstehen scheinbare Tonüberlagerungen, die sogenannten „Sheets of Sound”.
Offizielle Homepage: http://www.ponty.com/
Zu den Geigern der neueren Generation gehören neben Ponty auch der Pole Zbigniew Seifert (1946-79), Didier Lockwood und Micheal White. Sowie Darol Anger, der lange Zeit im Turtle Island String Quartett treibende Kraft war.
Was durch Jean-Luc Ponty in Gang gebracht wurde, nämlich die Geige als Soloinstrument im Jazz stärker in den Vordergrund zu bringen, ermöglichte im aufkommenden Jazz Rock um 1966 die Etablierung im Jazz. Natürlich ist die Geige weiterhin kein Hauptinstrument, aber die Spielräume/Möglichkeiten als Geiger im Jazz eine Rolle zu spielen sind größer geworden.
Unter den neuen deutschen Geigern sind Jörg Widmoser und Hajo Hoffmann zu nennen.
Stand: 2007