Die Stilelemente des Jazz
Ich möchte in diesem Kapitel die wichtigsten Grundelemente des Jazz, also die Elemente warum Jazz als Jazz bezeichnet werden kann, vorstellen. Die Kenntnis dieser Elemente ist meiner Meinung nach für die Beurteilung der Stilistik der Jazzgeiger von besonderer Bedeutung.
Tonbildung und Phrasierung gehören zu den wichtigsten Elementen durch die sich der Jazzcharakter nachweisen läßt. Während die europäische Kunstmusik, vor allem in den großen Orchestern, von einem Ideal des schönen Klanges ausgeht, festgelegt durch den herrschenden Standard der Ästhetik, den man als homogen z.B. innerhalb der Streichergruppe bezeichnen kann, gilt für den Jazz erst einmal das Individuelle des Tons. Jeder Jazzmusiker in jedem Stil des Jazz hat seinen eigenen unverwechselbaren Ton. Das Kriterium für diesen Ton ist eher in Ausdruck und Emotion zu suchen. Man kann sagen im Jazz steht Ausdruck vor Schönheit in der europäischen Kunstmusik steht Schönheit vor Ausdruck.
Hier spielen der sogenannte Hot-Ton bzw. die Hot-Intonation eine Rolle. Mit dem Hot-Ton ist ein Tonansatz gemeint, der in der europäischen Musik, zur Zeit der Entstehung des Jazz so nicht vorkam. Die Ursprünge liegen nach Dauer in der afrikanischen Musik. Dieser Ton ist durch ein unmittelbares beinahe explosionsartiges Ausstoßen gekennzeichnet.
Diese Art der Tonbildung finden wir auch im Jazz wieder besonders zu beobachten am Spiel der Trompete.
In den frühen Jazzformen spielt der Hot-Ton eine viel größere Rolle als zum Beispiel im Swing. Dieses ist leicht zu erklären, ist doch der europäische Einfluß im Swing viel stärker vorhanden als im New Orleans Stil.
Im Swing kommt allerdings noch ein weiteres Element hinzu: Die Jazzphrasierung.
In der gesamten Geschichte des Jazz gibt es nach Berendt eine Polarität zwischen Tonbildung und Phrasierung. Diese beiden Elemente sind für ihn die schwärzesten.
In Reclams Jazzführer kann man zum Begriff Phrasierung lesen:
„Interpretation und Phrasierung sind verwandte Begriffe und bedeuten hier: mittels der Artikulation, der Dynamik und des Timing…, die als Phrasen bezeichneten musikalischen Gedanken deutlicher hervorzuheben und voneinander abzugrenzen sowie den ihnen innewohnenden Rhythmus zugunsten des swing stärker zum Ausdruck zu bringen.”
Mit Phrasierung ist die Spielart gemeint bezogen auf die rhythmische Grundstruktur. Der Jazz ist gekennzeichnet durch die Polarität zwischen Rhythmusgruppe und Melodiegruppe (rhythm and melodie section).
An dieser Stelle muß man auf die große Bedeutung von Rhythmus und swing17 im ganzen Jazz, speziell aber auf ihre Bedeutung für die Jazzphrasierung hinweisen.
Einerseits herrscht zwischen Melodie- (Trompete, Posaune, Klarinette, Saxophonfamilie, Geige) und Rhythmusgruppe (Schlagzeug, Baß, Gitarre, Klavier, sofern diese nicht solieren) Spannung. Andererseits trägt die Rhythmusgruppe die Melodiegruppe.
Der Jazz orientiert sich am sogenannten Beat, einem gleichmäßig durchgeschlagenen Grundrhythmus.
Dieses Zeitmaß wird in der Regel vom Schlagzeuger und Bassisten aber manchmal auch nur vom Bassisten durch gleichmäßige Viertelnoten vorgegeben.
Hierbei kann man die zwei Grundtypen der Jazzphrasierung unterscheiden, die ternäre und die binäre Phrasierung. In den älteren Jazzstilen finden wir fast ausschließlich die ternäre Phrasierung, trotzdem kann es hier gewaltige Unterschiede in den Personalstilen der einzelnen Jazzmusiker geben.
Im Modernen Jazz finden wir vermehrt die binäre Phrasierung. Dies hängt auch mit dem Einfluß der afrokubanischen Musik, ab dem Bebop, auf den Jazz zusammen. Im Cool Jazz finden sich auch Soli mit (fast) binärer Phrasierung21 über eine eindeutig ternär spielende Rhythmusgruppe.
Der Rhythmus wird im älteren Jazz Two-Beat bezeichnet, während die neueren ab dem Swing als Four-Jazz bezeichnet werden. Hier ändert sich vor allem die Akzentuierung, die jetzt auf 2 und 4 liegt, statt auf 1 und 3.
Ein weiteres Phänomen die Phrasierung zu beschreiben liegt im off-beat. Off-beat meint zunächst einmal nur ein Akzent weg vom Schlag. Allerdings kann man im Jazz nicht genau definieren wo der Akzent eigentlich liegt.
„Dagegen sind im Jazz die Akzentverschiebungen freier, flexibler und subtiler – der Akzent kann nun irgendwo in der Distanz zwischen zwei Beats fallen…”
Ein weiteres Element des Jazz ist die Improvisation. Die Improvisation ist im Jazz, mit wenigen Ausnahmen zum Beispiel des Free Jazz, eine Improvisation über Harmoniegerüste.
Somit steht sie der alten europäischen Musik in gewisser Weise nahe, haben doch die Komponisten/Musiker der Renaissance und Barockmusik, als Beispiel, die Fähigkeit besessen ein Thema auf vielfältigste Arten zu variieren und zu entwickeln.
Der Jazzmusiker improvisiert über gegebene Harmonien. Wintrop Sargeant bezeichnet die Harmonik als ein „controlling structural principle in Jazz.”
Den Jazzimprovisationen liegt meistens ein Thema zu Grunde. Dieses ist in der überwiegenden Zahl eine Standardliedform (AABA) oft 32taktig oder ein 12taktiger Blues.
Der improvisierende Musiker kann das Thema entweder geringfügig verändern, also ausschmücken und verzieren, die Art bezeichnet Hodeir als „Paraphrase” oder er versucht gänzlich neue Melodien zu erfinden, dieses wird als „Chorus-Phrase” bezeichnet.
In den älteren Jazzstilen finden wir häufiger die Paraphrase als Improvisationsmuster, während ab dem Swing die Chorus-Improvisation in den Vordergrund rückt.
„Chorus nennt man die Improvisation über die Harmonien des Themas in der genau diesem Thema entsprechenden Taktzahl.”
Die Improvisation spielt für mich im Jazz eine zentrale Rolle, denn hier fließen die Person des Komponisten und die des ausübenden Musikers zusammen in die Person des improvisierenden Solisten. Man kann diesen Sachverhalt auch als „instant composing” bezeichnen.
Diese durch die verschiedenen Stilelemente (des jeweiligen Stils und der Zeit) spontan komponierte Musik stellt eine Besonderheit in der stilisierten Kunstmusik dar. Hier ist der individuelle Stil von besonderer Bedeutung.
Das Improvisieren hat aber auch Konsequenzen im Gepäck, denn das unmittelbare Ausdrücken eines Augenblicks, musikalisch gesehen, erfordert eine besondere Sensibilität in der Wahrnehmung des Umgebenen, der Mitmusiker und des Publikums.
Berendt geht noch näher auf die besondere Problematik der Trennung von improvisierendem Solisten, in die zwei Personen Musiker und Komponist ein. Im Jazz ist diese Verschmelzung der Personen authentisch, trennt man sie jedoch, also gibt man einem anderen Jazzmusiker ein notiertes Solo, dann wird die Musik unecht.
„Diese Identität von Improvisator, Komponist und Interpret ist vor allem gemeint, wenn von Improvisation im Jazz die Rede ist, nicht aber ein wildes Drauflos-extemporieren.”
Interessant ist auch die Entwicklung der Jazzharmonie. Im Traditionellen Jazz 32 ist die Harmonie „zunächst von sekundärer Bedeutung, da die Musizierweise primär von melodischer Natur ist, die aus dem Zusammenspiel verschiedener Melodielinien entsteht.”
Mit dem Bebop (auch schon vereinzelt im Swing) verändert sich die Harmoniestruktur und wird zunehmend komplizierter.
Hier werden die sogenannten Standards (im Grunde Schlager aus dem Swing) harmonisch erweitert.
„Seit dem Bebop setzt man zwischen die Grundharmonien eines Stückes Durchgangsakkorde – sog. Substitute – und erweitert die Grundharmonien durch Akkordalterationen.”
In den auf den Bebop folgenden Stilen des Modern Jazz finden sich die Harmonisierungen auch, letztendlich auch im Mainstream der 1970er und 1980er Jahre. Diese Erweiterung der harmonischen Möglichkeiten ist für mich zu einem Stilmittel, man könnte sagen einem Element des Jazz geworden.
Die Ursprünge des Jazz
Die Definition des vorigen Kapitels beschreibt den Jazz als eine künstlerische Musizierweise, die aus der Begegnung des Schwarzen mit der europäischen Musiktradition entstanden ist. Ein genaues Datum für die Entstehung des Jazz ist sicherlich ebenso schwierig zu benennen, wie für einen anderen Stil in der Musikgeschichte. Aufgekommen ist der Jazz etwa um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20.Jahrhundert in verschiedenen Städten Nordamerikas, also in den heutigen USA.
Die Ansiedlung von afrikanischen Sklaven ab dem 16.Jahrhundert bis zur Mitte des 19.Jahrhunderts durch die herrschenden weißen Emigranten aus Europa hatte bald kulturelle, ethnologische und auch politische Folgen. Dieses Aufeinandertreffen brachte eine Vielzahl von musikalischen Vermischungsformen hervor unter denen der Jazz nur eine ist.
Durch den fortschreitenden Akkumulationsprozeß der Schwarzen in den USA, der regional recht unterschiedlich abgelaufen sein muß, ist es schwer zu definieren welche afrikanischen Musikformen unmittelbar auf den Jazz eingewirkt haben. Ich möchte trotzdem versuchen kurz auf die Wesenszüge der afrikanischen Musik einzugehen.
Wesenszüge der afrikanischen Musik
Die Grundlage der afrikanischen Musik ist nach Dauer der Rhythmus. Diesen bezeichnet er als Perkussionsrhythmus, der insofern als das der afrikanische Rhythmus nicht an eine tonale Bewegung gebunden ist vom abendländischen Rhythmus grundverschieden ist. Die Ausführung dieses Rhythmus erfolgte durch Perkussionsinstrumente verschiedener Art und auch die Melodieinstrumente werden entweder angeschlagen oder angezupft. Die einzigen Streichinstrumente die benutzt werden sind nicht afrikanischer sondern fremder Herkunft.
Diese Perkussionsrhythmik ist gekennzeichnet durch Polymetrie und Polyrhythmik. An dieser Stelle sei auf die Ausführungen Dauers verwiesen, der den Sachverhalt der afrikanischen Rhythmik präzise erläutert.
Die charakteristischen Grundzüge dieser Musik sind demnach Synkopierungen und Akzentverschiebungen, wodurch sich neue Formen des Rhythmus ergeben. Die Art der rhythmischen Gestaltung der afrikanischen Musik kommt in dieser Form nicht in der europäischen Musik vor.
Synkopierung muß hier näher erläutert werden, da es sich gerade in der melodisch-rhythmischen Eigenart der afrikanischen Musik um Akzentverschiebungen zwischen den Taktzeiten handelt. Der Begriff Synkope ist hier nur unzureichend. Vielmehr ist im Zuge der Jazzwissenschaft der Begriff off-beat eingeführt worden. Damit wird genau dieser Sachverhalt beschrieben.
Die zweite Komponente, für die Entstehung des Jazz, ist die Musik der europäischen Einwanderer. Hier kann natürlich auch eine große Zahl an Bevölkerungsgruppen verzeichnet werden, die ihre Kultur mit nach Nordamerika gebracht haben.
Wesenzüge der europäischen, abendländischen Musik
Die Vielzahl an Einwanderern aus verschiedenen europäischen Ländern bringt auch eine Vielzahl von verschiedenen Musiktraditionen und Musizierpraxen mit sich. In einem Punkt haben aber alle einen gemeinsamen Nenner: die europäische und damit abendländische Herkunft.
Die Hauptmerkmale der abendländischen Musik sind mit den Begriffen Melodie, Harmonie (und die hiermit zusammenhängende Dur-Moll Tonalität) und Einmetrik umschrieben.
Diese drei Elemente finden in der Form zusammen:„Form ist Einheit in Verschiedenem.”
Die Melodie, seit etwa 1600 als Begriffswort in den Vordergrund gerückt, beinhaltet Tonbewegung (Tonfolge), Folgerichtigkeit, Gesanglichkeit und Rhythmus.
Seither gelten Melodie und Harmonie als die zwei komplementären Seiten der Musik. Der Rhythmus ist in der europäischen Musik des 19.Jahrhundert stark mit der Melodie verbunden. Dieses zeigt sich besonders in der Tanzmusik.
„Die Entstehung einer hypotaktischen Betonungsanordnung (Takt) innerhalb des Tanzes hängt damit zusammen, dass sich der musikalische Ablauf zunehmend symmetrisch gliederte.”
Harmonie beschreibt Hugo Riemann wie folgt:
„Harmonie ist das Zusammenspiel von Verschiedenem oder Entgegengesetztem, musikalisch das Gefüge der Töne bzw. Klänge und in der Neuzeit der Akkord und Akkordzusammenhang.”
Wie schon erwähnt ist der Rhythmus in der abendländischen Musik stark mit der Melodie verbunden.
Hierbei ist von großem Interesse welche europäischen Musikstile zur Zeit der Entstehung des Jazz und seiner Vorformen in Amerika gespielt wurden. In erster Linie wird über Tanzmusik berichtet, also Court-dances und Country-dances, Walzer und Cotillions, Menuette, Reels, Hornpipes und Jigs.
Hier fällt auf, dass diese Musikformen überwiegend angelsächsischer (Country-dances, Reels, Hornpipes, Jigs, Court-dances) Herkunft waren. Die deutsche oder französische Komponente ist zwar auch vorhanden, doch hat sie ein eher kleines Gewicht.
Hinzu kommen die Psalmgesänge der Puritaner. Interessant an dieser Stelle ist noch eine Äußerung von Chase über den Einfluß von deutschen Berufsmusikern auf das Musikleben der USA, hier im speziellen bezogen auf den Musikunterricht:
„Abel war der Vorläufer vieler Eingewanderter deutscher Berufsmusiker, die einen großen Einfluß auf die musikalische Entwicklung Amerikas gewinnen sollten.”
Chase meint hier im besonderen den Einfluß auf die notierte Kunstmusik. Mein Hauptinteresse gilt allerdings eher den „populären” Musikstilen, also der Unterhaltungsmusik. Die große sinfonische Musik und möglicherweise auch die Kammermusik europäischer Tradition haben sicherlich in der Entstehung des Jazz keine große Rolle gespielt. Dieses bedeutet nicht, dass nicht auch Jazzmusiker Kenntnisse dieser Musik hatten.
Allerdings geht es hier um Jazz, und dieser war am Anfang mehr denn je eine Musik aus dem Volk für das Volk, speziell der schwarzen Bevölkerungsgruppe.
Zudem muß durch die Größe der USA hier sehr differenziert werden. Die Entwicklung in den Südstaaten, um die es hier für die Beurteilung der Entstehung des Jazz geht, hatte eine andere Dynamik als in den Nordstaaten.
Abschließend möchte ich noch einmal Chase zitieren, der versucht den vorschreitenden Prozeß der Verschmelzung der afrikanischen mit der europäischen Kultur zu begründen:
„Trotz der unterschiedlichen Auffassungen von Rhythmus…..gibt es eine gemeinsame Basis für die europäische und afrikanische Musik. Die diatonische Skala ist beiden Tonsystemen geläufig….Diese Betrachtungen führen uns….zu der Schlußfolgerung, dass die der afrikanischen und europäischen Musik zugrunde liegenden gemeinsamen Faktoren ausreichten, um den Prozeß der musikalischen…Verschmelzung zu fördern…”
Die Bedeutung der negroiden Volksliedtraditionen für die Entwicklung des Jazz
Für die Beurteilung des Jazz ist ein Blick auf die afro-amerikanischen Volksliedtraditionen von großer Bedeutung. Diese werden zu Recht als Vorläufer des Jazz angesehen, da sie die Elemente im Charakter und in der Ausführung enthalten, die auch im Jazz wiederzufinden sind.
Polillo unterscheidet im Wesentlichen zwischen zwei Gruppen von negroiden Folksongs:
Die weltlich und die religiös orientierten Lieder.
Entstanden sind diese Folksongs im Süden der USA. Mit Beginn der Sklaverei ab 1619 finden wir Elemente dieser Traditionen vor.
Die weltlich orientierten Lieder sind zum großen Teil Arbeitslieder gewesen. Hier unterscheidet Polillo zwischen zwei Vorformen, den sogenannten Calls und den Cries.
Die Calls sind ihrem Ursprung nach afrikanisch und dienten angeblich der Nachrichtenübermittlung. Diese Melodienfloskeln wurden in der freien Form vorgetragen und haben somit eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Vortrag von Bluessängern.
Die Cries sind in der Form von gleichem Charakter unterscheiden sich aber durch expressiven Ausdruck im Vortrag.
Diese beiden Formen sind die Vorformen der später entstehenden Work-Songs. Bei den Work-Songs ist die Form schon konkreter geworden, die Texte sind festgelegter. Die Themen der Texte sind unterschiedlich doch meist persönlicher Struktur.
Es gibt einen Vorsänger, der gekennzeichnet ist durch Improvisationsgabe, und einer Gruppe, die entweder begleitet oder auf die Melodien antwortet. Diese Work-Songs dienten im Grunde der Arbeitskoordinierung.
Ein weiterer Schritt in der Entwicklung sind die sogenannten Balladen. Diese komplexeren Lieder, die teilweise sehr lang sein können, stellen nach Polillo eine Vermischung mit den schottischen und irischen Balladen dar.
Diese frühen Folksongs münden in den Blues, zumindest ist ihre Nähe zu dieser Form in Ausdruck und Charakter vorhanden.
Die geistlich oder religiös orientierten Lieder sind durch die Bekehrung der Sklaven zum Christentum durch Methodisten und Baptisten entstanden. Hier wird im Allgemeinen der Oberbegriff Spiritual oder Negro-Spiritual verwendet. Es gibt wenige Berichte aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg (1861-65). Die erste gedruckte Sammlung mit Spirituals „Slave Songs of the United States” kam 1867 heraus.
Diese neue Religion wurde gut aufgenommen, da die Religion in der Kultur der afrikanischen Völker eine große Rolle spielt.
Hier entstehen die sogenannten Praise-Meeting oder Ring-Shouts oder auch Circle-Dances.
Bei diesen Ring-Shouts wurden nicht die Füße gekreuzt, das hätte bedeutet sie tanzten, welches einer Huldigung des Teufels gleichkam.
„Selbst Banjo und Geige auf denen sich die Neger hervortaten, waren >Teufelsinstrumente<…oder zumindest >sinful< (sündhaft)…”
Negro Spiritual (Spiritual) bezeichnet verschiedene Typen religiöser amerikanischer Negerlieder im 19.Jahrhundert ausschließlich in Gebieten englischer Sprache und protestantischer Religion.
Das Spiritual wurde vom Inhaltlichen her unter den Schwarzen als Lied der Befreiung des Negervolkes aufgefaßt. Der Einfluß der Hymnen der Protestanten auf die Spirituals kann als groß angesehen werden. Trotzdem ist hier von Bedeutung, dass der Neger dieses ”Material gründlich umgearbeitet hat und ihm ein starkes Gepräge gab.”
Hier zeigt sich, dass die Improvisation, auch schon in diesen Vorformen, zum Musizierstil der Schwarzen gehörte.
„Das Wesen eines Spiritual ist unbegrenzte Variationsfähigkeit, und so kann man sagen, dass es nur in dem Augenblick, in welchem es gesungen wird, tatsächlich existiert.”
Als weitere Form auf dem Weg zum Jazz kann der Blues angesehen werden. Geographisch ist er dem Süden der USA zuzurechnen und hat auch starke Ähnlichkeit mit den Folksongs. Er entstand im 19.Jahrhundert oder früher. Polillo bezeichnet den Blues als die „afrikanischste” Form, weil in ihm die Merkmale der frühesten afro-amerikanischen Musik zu erkennen sind: Improvisationsmöglichkeit innerhalb einer festgelegten harmonischen und rhythmischen Basis und antiphonische, refrainartige Struktur.
Dieses stellt auch eine Voraussetzung für die Jazzmusiker dar. Von der formalen Anlage ist der Blues (es finden sich auch andere Formen mit 16 oder 32 Takten, oder in einer freien Form) eine zwölftaktige Form in der die harmonische Struktur, Tonika, Subdominannte und Dominante vorkommt. Man kann hier sicherlich schon von einer Vermischung mit der europäischen Dur-Moll Tonalität sprechen.
Nach Polillo formten die Schwarzen die melodische Struktur der diatonischen Tonleiter durch Erniedrigung der 3. und 7. Stufe um. Die hierbei entstandenen Töne, die nicht exakt der diatonischen Tonleiter zugeordnet werden können werden Blue Notes genannt.
Der Bluessänger begleitete sich meist mit dem Banjo und später dann mit der Gitarre. Der klassische Blues wurde ab 1920 populär durch die Verbreitung in Shows und durch Bands.
Eine weitere Stufe auf dem Weg zum Jazz sind die Minstrel-Shows, die von 1843 bis etwa 1900 auf amerikanischen Bühnen verstärkt aufgeführt wurden. Merkmal dieser Shows (Musiktheater) waren die schwarzgeschminkten weißen Sänger, die die sogenannten Coon-Songs vortrugen. Diese Minstrelsänger hatten oft ein unklares Bild von den wirklichen Verhältnissen in denen die Schwarzen lebten. Einer der wichtigsten Komponisten, die Lieder für die Minstrel Shows komponierten, war Stephen Collin Foster (irischer Herkunft). Die meisten dieser Songs sind dem Material der negroiden Volkslieder entliehen.
Hauptinstrumente der Minstrel-Shows waren Banjo (Gitarre), Geige und Kleinperkussion.
Nach Ende des Bürgerkrieges (Sezzesionskrieg) treten auch vermehrt schwarze Künstler in die Minstrel-Shows ein. Diese Künstler tauchen später als Pioniere des Jazz wieder auf.
Der Ragtime wird zu den Vorläufern des Jazz gezählt, obwohl er unter den Jazzkritikern ein umstrittener Stil ist. Ihm fehlt eines der Grundelemente des Jazz: die Improvisation. Er wird dennoch dem Jazz zugerechnet, weil seine Spielweise Jazzelemente enthält.
Als die Hauptstadt des Ragtime kann man Sedalia im Staate Missouri bezeichnen. Aufgrund der Tatsache, dass sich Scott Joplin, einer der führenden Ragtime Komponisten und Musiker dort niederließ.
Die Form des Ragtime ist europäischer Herkunft: Trio-Form oder Menuett, auch Liedformen kommen vor. Der Name Ragtime kommt von ragged-time und bedeutet übersetzt: „zerrissene Zeit”. Der Ragtime ist häufig in Arbeiterlagern zu finden. Er wurde in der Zeit seiner Entstehung auch mit Geige, Banjo und Kleinperkussion gespielt.
Berendt beschreibt den Ragtime als weiße Musik, schwarz gespielt. In seiner Form bildet er den Grundstock für den aufkommenden Jazz. Jelly Roll Morton ist einer der ersten Musiker, die mit dem Ragtime freier jazzmäßiger umgehen. |